2019 03 26 tertilt klDieses Abenteuer wird Hannah Tertilt ihr gesamtes Leben nicht vergessen. In Sumbawanga, einer 130.000 Einwohner großen Stadt im Südwesten Tansanias, verbringt die 18-jährige Hoetmarerin zurzeit einen zwölfmonatigen Freiwilligendienst in Trägerschaft des Bistums Münster. Bereits eine Woche nach dem Abi am Lau machte sich die junge Frau im Juli letzten Jahres auf den Weg ins mit rund 57,3 Millionen Einwohner fünftgrößte Land Afrikas.

„Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich so schnell zu Hause fühle und in den Alltag hineinrutsche“, sagt Hannah Tertilt. Entscheidenden Anteil daran hätten auch ihre drei Mitfreiweilligen Anneke, Ole und Viviane, mit denen sie im Freiwilligenhaus lebe und regelmäßig Doppelkopf spiele. Während Ole und Viviane in einer von der Diözese Sumbawanga betriebenen Berufsschule im Unterricht unterstützen würden, seien Anneke und sie selbst im Waisenheim St. Martin de Porres aktiv.
„Im Heim leben circa 40 Kinder zwischen 0 und 8 Jahren. Wir unterstützen die Angestellten bei den anfallenden Arbeiten sowie der Betreuung der Kinder.“ Sei es beim Windelwechseln oder Füttern von Kindern, Mithilfe bei der Wäsche oder der Gestaltung der Freizeit für die Älteren – wo man gerade gebraucht werde, helfe man gerne mit. Besonders viel Spaß mache natürlich das Spielen mit den Kindern, die sie schnell in ihr Herz geschlossen habe.
Außerdem gebe es auf dem Heimgelände einen Kindergarten, der wie eine Vorschule aufgebaut sei und von den Ordensschwestern der Diözese geleitet werde. „Neben den 15 Heimkindern sind dort viele externe Kinder, die dann morgens von ihren Eltern gebracht und nachmittags wieder abgeholt werden“, berichtet Hannah Tertilt: „Ich helfe gelegentlich im Mathe- oder Englischunterricht oder tanze mit den Kindern.“
Einen Nachmittag in der Woche verbringe das Freiwilligen-Quartett in einer Blindenschule für Kinder im Grundschulalter und spiele mit diesen. Zusätzlich würde man ein von ehemaligen Freiwilligen ins Leben gerufene Stipendien-Programm für Schüler der Berufsschule, die aus ärmeren Verhältnissen kommen, betreuen. „Insgesamt haben wir eine sehr vielseitige Arbeitsstelle und konnten uns unsere Aufgaben nach unseren Interessen suchen“, erzählt die junge Hoetmarerin: „Wir unterstützen uns gegenseitig und haben viel Spaß.“
Eine Herausforderung sei anfangs übrigens die Verständigung mit den Einheimischen gewesen, die überwiegend nur Kiswahili und kaum Englisch sprechen würden. Dank Sprachlehrer Angelo, tägliche Gespräche beim Einkaufen auf dem Markt und Unterhaltungen mit den Schülern verstehe man die Sprache mittlerweile immer besser: „Im Notfall verständigen wir uns mit Händen und Füßen.“
Um die Kultur und das Leben einer tansanischen Familie noch besser kennenzulernen, haben die Freiwilligen seit Anfang des Jahres übrigens eine Gastfamilie. „Wir wohnen trotzdem weiterhin im Freiwilligenhaus und besuchen die Familien nach der Arbeit oder am Wochenende“, sagt Hannah Tertilt, die sich herzlich aufgenommen fühlt und sich regelmäßig mit ihrer gleichaltrigen Gastschwester trifft. Zudem habe sie zwei ältere Brüder und eine kleinere Schwester.
Ein weiteres Highlight ihres Aufenthalts in Tansania sei eine Rundreise im Dezember gewesen, auf der man viele Freiwillige getroffen und neue Freundschaften geknüpft habe. Gemeinsam habe man beispielsweise atemberaubende Landschaften, Riesenschildkröten, Affen und seltene Schmetterlinge gesehen, im indischen Ozean geschwommen, über Massai-Märkte geschlendert oder gelernt, wie aus frischen Bohnen trinkfertiger Kaffee hergestellt wird. „Weihnachten haben wir am Strand von Sansibar an einem Lagerfeuer inklusive Wichteln gefeiert“, erzählt die junge Frau: „Es war ein sehr schönes, total anderes Weihnachten mit ausgelassener Stimmung, das wir bestimmt so schnell nicht vergessen werden!“
Die letzten vier Monate ihres Freiwilligendienstes möchte Hannah Tertilt in vollen Zügen genießen und weitere Erfahrungen für das Leben sammeln. „Besonders freue ich mich aber, meine Eltern und meinen Bruder wiederzusehen, die mich in den Osterferien besuchen kommen“, sagt Hannah Tertilt. Ende Juni wird sie dann selbst nach Deutschland zurückkehren und freut sich nicht nur auf ihre Freunde und Familie, sondern auch auf Brötchen mit Käse, die es in Tansania nicht gebe. Das Jahr in Tansania möchte sie aber keinesfalls missen: „Ich kann jedem nur empfehlen, den Freiwilligendienst anzutreten. Die Kombination aus Auslandserfahrung und sozialem Engagement ist perfekt.“ In einem Blog berichtet Tertilt und ihre Freunde übrigens regelmäßig über ihr Engagement: www.sumbawangat4nsania.wordpress.com

Hintergrund
Jedes Jahr absolvieren mehr als 3500 junge Menschen mit dem weltwärts Programm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst in Entwicklungs- und Schwellenländern. Das Bistum Münster ist eine der Entsendeorganisationen und bietet rund 30 Freiwilligen Einsatzstellen in der Dominikanischen Republik, in Ghana, Mexico, Ruanda, Südafrika, Tansania und Uganda an. | https://www.ms-freiwillig.de/

Spendenaufruf
Das Bistum Münster hat für alle Projekte des Freiwilligendienstes einen Solidaritätstopf eingerichtet, aus dem sich die einzelnen Projektstellen Geld für Neuanschaffungen und Reparaturen herausnehmen können. In Sumbawanga konnten dank der Spendengelder in den letzten Jahren beispielsweise der Bau einer Bücherei auf dem Schulgelände der Berufsschule oder Schulausflüge unterstützt werden. Für die Zukunft ist die Renovierung der Sanitäranlagen des Hostel-Geländes geplant, auf dem die Schüler der Berufsschule teilweise wohnen. Wer Lust hat für den Solidaritätstopf zu spenden, kann sich auf dem Blog der Freiwilligen aus Sumbawanga informieren.

Text: Stephan Ohlmeier, Fotos: Hannah Tertilt / Privat